Nach all den Weingütern und bedüselnden Weinproben müssen wir nun mal weiter kommen. Bei 28°C fahren wir eine lange Etappe. D.h. der „alte Däne“ hält einen Mittagsschlaf, während Tanja fast 350 km nach Mossel Bay gut macht. Es ist zwar Einwand freie Teerstraße (N2), doch wird hier meist trotz einer Spur spektakulär überholt – der Standstreifen sollte wohl eher „Ausweichstreifen für wahnsinnige Überholer“ getauft werden. Die Strecke führt durch Swellendamm durch flaches, landschaftlich genutztes Land - etlicher Felder und Heuballen, Straußenfarmen und Vieh - permanent und ermüdend gerade aus - bis wir nach Mossel Bay kommen.
Mossel Bay ist die Stelle, an der die ersten Landungen 1488 durch Europäer an der Ostküste Südafrikas gelungen war. Doch der Segler Diaz wurde mit Steinhagel von den hier lebenden Khoikhoi empfangen, doch Vasco da Gama konnte ein paar Jahre später friedliche Bande zu den Khoikhoi-Hirten knüpfen. Fortan war Mossel Bay Anlaufstelle vieler portugiesischer Schiffe.
Derzeit ist absolute Peak Season – es ist Weihnachten kurz vor Silvester und alle Südafrikaner machen Urlaub. Für uns sind die „weißen Südafrikaner“ die afrikanischen Holländer. Jeder hat einen Allradwagen – meist mit Anhänger – und dann fahren sie voll bepackt zu Strömen in Richtung Strände. Manche nehmen sogar ihr Boot, die Quads oder Jetskis mit. An den Campingplätzen werden dann derartige Campingburgen gebaut, dass wir aus dem Staunen nicht mehr rauskommen. Die bringen sogar ihre Laternen und Beleuchtungen, Teppiche, Sattelitenschüsseln mit Flatscreens und Generatoren mit. Im Grunde ihren ganzen Hausstand, um dann auf dem Campsite Braai zu machen (Grillen) - und dass natürlich schön fettig! Da wird aufgetischt was das Zeug hält. Man könnte fast meinen Braai ist der Lebensmittelpunkt bzw. Höhepunkt des Tages!
Die Ferienzeit der Südafrikaner macht unserer Art von Reisen – nichts vor zubuchen – einen kräftigen Strich durch die Rechnung. Campen am Strand in Mossels Bay ohne Vorbuchung ist gestrichen! Alles ist gnadenlos ausgebucht. Das nächste Camp ist einige Kilometer entfernt. Im großen Bogen um Mossel Bay ist wohl nichts Freies zu finden. Und so kommen wir in die wohl hässlichste Stadt überhaupt – Hartenbos! Der Campsite gleicht einer Sardinendose. Zelte und Geländewägen sind hier eng aneinander gereiht, dazwischen das ganze Programm Campingausstattung der Südafrikaner und überall wird gegrillt. Nicht nur dass der Campsite pro Pkw 50 EUR kostet und extrem hässlich ist– nein- es ist natürlich auch ausgebucht. Doch die Angestellte an der Rezeption hat Mitleid mit uns und bietet uns an, im Hof ihres Hauses campieren zu können und ihre Toilette und Dusche mitzubenutzen. Wenn wir also nicht wieder stundenlang weiter im Dunkeln fahren wollen, müssen wir das fast annehmen. Und so kommen wir zum zweitgrässlichsten Moment des Tages: der Hinterhof des Hauses ist furchtbar, aber es kommt noch schlimmer. Die Frau führt uns in ihre Wohnung… uns kommt ein Geruch aus Pisse, Hundekacke und Vogelfutter entgegen. Im Wohnzimmerquetsch eine dicke Frau im Sessel, auf ihr 4 kleine Hundebabys, überall um sie herum Vögel und Dreck, dazwischen Matratzen und Kissen sowie Spielzeug kleiner Kinder und Müll. Willkommen in der Messi-Wohnung einer afrikanischen Familie. Der Gestank ekelt uns so sehr, dass wir die Toilette erst gar nicht richtig betreten. Eins ist klar – wir werden nur da im Hof schlafen aber jegliches Gefühl aufs Klo gehen oder duschen zu müssen, werden wir unterdrücken. Selbst kochen im Hinterhof ist uns vergangen und so machen wir uns zu Fuß auf in das Städtchen um etwas Essbares zu finden. Wir kommen vorbei an Imbissbuden wo fettige Pizza verkauft wird und ansonsten ist hier nicht viel zu finden. So landen wir in der Fastfoodkette Wimpy und essen ausnahmsweise mal Burger zu Abend. Während wir da so sitzen zieht eine afrikanische Blaskapelle vorbei und trompetet ein amerikanisches Weihnachtslied. Diese Blaskapelle kommt noch sechsmal vorbei, da sie scheinbar einen Kreis in der Stadt laufen… und immer – wie in einer Halteschleife – wird genau dieses eine Weihnachtslied gespielt. Wir kommen uns vor wie im falschen Film. 28°C heiß, Afrikaner in Uniformen trompeten relativ schräg amerikanische Weihnachtslieder in Dauerschleife und wir essen Burger, weil wir uns so lang wie möglich vom asseligen Hinterhof (der die einzige Übernachtungsmöglichkeit weit und breit zu sein scheint) drücken wollen… na so haben wir uns den ersten Abend im Dachzelt nicht vorgestellt – aber somit wird das wohl hoffentlich unser schlechtester Abend gewesen sein, denn viel schlechter geht es nicht! ;-) (Tagesetappe 413 km)
Südafrikas Westküste (Western Cape) mit Garden Route
Kurz nach Sonnenaufgang sind wir auch so schnell wie möglich weg aus diesem Ekel-Städtchen und fahren entlang der bekannten Garden Route nach Herolds Bay um dort am Strand in Ruhe und schönerer Umgebung unser Müsli zu frühstücken. Es ist bewölkt aber die angenehmen 21°C sind verlockend um dort am Strand einen Morgenspaziergang zu unternehmen. Wir bewundern wieder die vielen Häuser mit Blick aufs Meer und dann fahren wir die N2 Gardenroute weiter Richtung Wilderness. Von dort hat man auf einer Anhöhe an der N2 einen eindrucksvollen Fernblick auf die 8 km langen Sandstrände. Die Küstenstraße ist gesäumt von Protea-Sträuchern und vielen blühenden Wildblumen.
Die Garden Route im engeren Sinne bezeichnet den Küstenabschnitt zwischen Mossel Bay im Westen und der Mündung des Storms River im Osten. Oft gilt sogar Swellendamm als der westlichste Endpunkt dieser Strecke. Der landschaftlich schönste Teil der Garden Route liegt zwischen Wilderness und dem Storms River (Tsitsikamma Forest). Die küstennahe Region zeichnet sich durch malerische Buchten, einsame Strände (aber nicht in der Peak Season), hohe Kliffs, Felswände und z.T. durch urweltliche Wälder aus.
Am frühen Vormittag kommen wir dann in Buffels Bay im Goukamma Nature Reserve an. HIer kann man gut in einer der Buchten an feinem Sandstrand baden. Die Umgebung ist richtig toll.
Ein paar Kilometer weiter ist die landschaftlich wunderschön an Lagunen gelegenen Stadt Knysna. Der Name stammt aus der Khoikhoi-Sprache und bedeutet so viel wie „Ort des Holzes“; was wohl mit der Holzindustrie und der Möglichkeit über die Seewege zu transportieren zusammen hängt. Als die ersten Europäer das wertvolle Holz entdeckten, kam es zu Raubbau. Knysna ist heute noch bekannt für seine Möbel aus Stink- und Yellowwood.
An der Einfahrt in die Knysna-Lagunen stehen zwei hohe Sandsteinkliffs – als „The Heads“ bekannt.
dort an den „The Heads“ gibt es ein italienisches Restaurant Cornuti. Hier essen wir lecker zu Mittag bevor wir in den Felsen zu einigen Aussichtspunkten klettern und die zwei Kliffs genauer begutachten. Hier ist wirklich ein schöner Ort! Türkisblaues Meer umrandet von den Klippen. Unbedingt sehenswert ist auch der Coney Glen Drive mit sensationellen Aussichtspunkten auf die Steilküste, den Strand Coney Glenn (sehr idyllisch) und die sogenannten „The Heads“.
Eigentlich wollten wir in der Plettenberg Bay, der beliebteste Badeort an der Garden Route übernachten. Aber nach der letzten Erfahrung mit überfüllten Campsites versuchen wir es erst gar nicht, sondern fahren gleich weiter zum Tsitsikamma Coastal National Park (Straßenmaut 35 Rand, Parkeintritt 54 Rand p.P.).
Der urige Name stammt ebenfalls aus der Khoi-Sprache und bedeutet klares oder sprudelndes Wasser. Dieses Gebiet umfasst einen schmalen 113 km langen Abschnitt. Es ist gekennzeichnet durch dichte Wälder mit sehr altem Baumbestand, hohen Regenfall, viele Bäche und Flüsse, Schluchten sowie einer malerischen Steilküste.
Wir starten mit einer kurzen Wanderung zur Suspension Bridge, einer Hängebrücke über der Mündung des Storms River Mouth. Der Weg dorthin führt durch einen Feuchtwald auf befestigtem Weg. Ab der Brücke führt dann ein sehr steiler Pfad hinauf zu einem der einmaligen Aussichtspunkte. Bei den Temperaturen und Sonnenschein heute doch ganz schön schweißtreibend. J nach 2 Std. kommen wir zurück zur Hängebrücke, auf der gerade Asiaten fotografieren. Jesper springt auf die Brücke und hüpft mächtig wackelnd zum anderen Ende. Die Brücke kommt in Wallung und wackelt kräftig von links nach rechts, so dass die asiatischen Touristen mächtig zu kreischen anfangen und sich festhaltend versuchen ans andere Ende zu kommen. Die Leute die das beobachten kommen ins Schmunseln. Belustigend hinzu kommt noch, dass Jesper aussieht wie ein total übergeschnappter Scheich, da er seinen Sonnenbrand im Nacken mit Tanja’s Umhängetuch schützen will und so wedelnd mit dem Tuch um den Kopf und Oberkörper hupfend über die Brücke springt. Der dänische Shrek mal wieder – immer für einen Spaß zu haben!
Die Unterkunftssuche stellt erneut als schwierig heraus, doch im Storms River Village finden wir noch ein Camp, das uns aufnimmt (Djembe Guesthouse und Camping, 80 Rand p.P. mit Frühstück).
Als wir in unserem Dachzelt im Storms River Village Djembe Camp früh am Morgen schon erwachen, weil die Sonne aufs Zelt knallt, dösen wir noch ein Weilchen. Doch bald werden wir unsanft aufgeschreckt denn irgendwas reibt sich an unserem Autospiegeln und der Leiter und rüttelt das Dachzelt. Irritiert schaun wir aus unserem Zelt und stellen fest, dass sich zwei große Pferde an unserer Dachzeltleiter und dem Spiegel kratzen und zuschaffen machen. Die Gäule haben sich über unserem Müll her gemacht und alles schön ums Auto verteilt. Die wollen auch nicht von der Seite weichen und ich glaube wir hatten mehr Angst vor diesen zwei Pferden als vor den Hyänen die nachts unseren Abfall geklaut haben. Die zwei sind ganz schön lästig und lassen uns nicht in Ruhe frühstücken, stecken ständig ihre Schnauzen überall hinein und blockieren uns den Weg als wir rausfahren wollen. Na das war mal wieder eine Bekanntschaft der seltsamen Art.
Unser Weg führt uns weiter östlich nach Cape St. Francis. Am Kap steht ein Leuchtturm, das Meer knallt stürmisch auf die Felsen, überall liegen tausende von Muscheln. Wir machen eine „Eispause“, sammeln Muscheln und beobachten die spritzende Brandung von den Felsen aus.
Wir fahren weiter nach Jeffrey’s Bay um unsere Lebensmittelvorräte mal wieder kräftig aufzustocken, denn schließlich kommt Tanja’s Bruder und ein Freund bald nach Südafrika um gemeinsam mit uns weiter zu reisen. Wir sind unsicher wo wir Silvester feiern sollen. Viele SAner empfehlen uns die Beachpartys hier in Jeffrey’s Bay – die sollen wohl legendär sein. Wir fahren vorher zum Supertubos Strand – ein Strand mit gigantischen „Surferwellen“ – das Paradies jeder Surfer!
Dann finden wir zwischen vielen anderen Fahrzeugen auf einer Wiese noch einen Parkplatz, direkt am Meer und der Uferpromenade wo es wohl dann abgehen soll. Wir fühlen uns zwischen all den 20jährigen Surfern bisl deplatziert, aber genehmigen uns erst mal auf unserer Picknickdecke einen Wodka-Red Bull um lockerer zu werden! ;.) um uns herum sitzen alle vor ihren Autos, drehen die Musik laut auf, tanzen, saugen an Wasserpfeifen und sind recht lässig unterwegs. Alles in einem wirkt es ein wenig wie Spring Break – nur eben hier in Afrika.
Wir müssen nach dem Sundowner auf nüchternen Magen erst mal essen gehen und landen in einem sehr urigen griechischem Lokal. Wir lernen eine südafrikanische Großfamilie kennen und haben eine nette Zeit mit der Truppe. Jesper findet anschließend am Straßenrand einen Mann der Feuerwerkskörper verkauft. Natürlich darf am Silvesterabend der „Rummms“ und Knall mit Feuerwerkszeug nicht fehlen! J
Wir bekommen mit, dass man Tickets braucht um das Areal wo später die Bands und DJs spielen rein zu kommen und stellen uns an. Alles ausverkauft – und man musste wohl vorreservieren. Wir lernen aber einen der Animateure kennen, der uns rein schleust und Bänder beschafft! Mal wieder Glück gehabt. Und schon sind wir inmitten von etlichen Einheimischen im Getümmel vor einer Afrikaans-Band. Es hört sich bisschen an wie Schlager von Wolfang Petry und das auf Afrikaans. Sehr gewöhnungsbedürftig. Doch am späteren Abend kommen richtig gute DJs und die Party steigt! Jetzt fühlen wir uns auf unserem „Spring-Break-Silvester-Abend“ nicht mehr so deplatziert. Wir haben mittlerweile auch Kontakte geknüpft und feiern richtig spaßig mit den Südafrikanern und Neuseeländer die wir kennengelernt haben… und das bis früh in die Morgenstunden. Ein Zimmer haben wir natürlich nicht… denn hier schläft man in den Autos oder einfach am Strand. Dem tun wir gleich! Also bequemen wir uns ca. 1 Std. auf unsere Autositze, dösen ein Weilchen und schaun dann der aufgehenden Sonne am Meer direkt vom Auto aus zu! Willkommen 2012! J
Euch zuhause wünschen wir allen ein schönes neues Jahr 2012 mit vielen glücklichen Momenten!
Dänsch und Jesper